Verfasst von Hans-Joachim Bannier am 18. November 2024. Soweit nicht anders angegeben, liegt das Urheberrecht für alle Sortenfotos beim Autor. Kurzbeschreibung Gefährungsgrad stark gefährdet Regionalsorte ja Reifezeit Geerntet werden die Früchte des Lieser Kantapfel etwa Anfang Oktober. Ein gutes Naturlager vorausgesetzt, sind sie bis etwa Dezember verwendbar. Sie eignen sich als guter Most- und Küchenapfel, sind frisch vom Baum aber auch als Tafelapfel verwendbar. Herkunft Die Apfelsorte Lieser Kantapfel ist eine Lokalsorte, die in der sog. Medebacher Bucht, an den östlichen Ausläufern des Hochsauerlandes an der Landesgrenze zu Hessen zu Hause ist. Die genaue Herkunft der Sorte ist jedoch nicht bekannt. Verbreitung In der Gemeinde Liesen – rund 10 km südöstlich von Winterberg (Hochsauerland) und ebenso weit westlich der hessischen Kleinstadt Frankenberg (Eder) gelegen – sowie in den benachbarten Gemeinden Medebach und Glindfeld stehen noch einige imposante, über 100 Jahre alte Bäume dieser Sorte. Über den Ursprung des Lieser Kantapfels ist nichts Näheres mehr bekannt. Angesichts des hohen Baumalters der hier noch anzutreffenden Bäume dürfte es sich aber um eine sehr alte Sorte handeln, die möglicherweise auch noch auf eines der Klöster der Region zurückgeht. In einem alten Quartierbuch der Baumschule Philipp Dienst aus Diedenshausen (Bad Berleburg) von 1946-1952 ist der „Liesener Kantapfel“ noch aufgeführt; das heißt, in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hat die Baumschule die Sorte noch vermehrt und angeboten. So dürfte der Lieser Kantapfel auch noch in anderen Teilen des Sauerlandes hier und da in Streuobstpflanzungen zu finden sein. Tatsächlich konnten inzwischen ein alter Baum bei Arnsberg ebenfalls als Lieser Kantapfel identifiziert werden. In den 1990er Jahren hat die Baumschule Bergt in Bad Pyrmont – deren Inhaber war ein passionierter Sammler alter Obstsorten – den Lieser Kantapfel auf seiner Angebotsliste gehabt. Mehrere Bäume des Lieser Kantapfels aus der Bergt’schen Baumschule wurden in dieser Zeit auf einer Obstwiese in Paderborn-Benhausen gepflanzt. Auch im Freilichtmuseum Detmold wurde in den 1990er Jahren neben anderen Lokalsorten auch ein Baum des Lieser Kantapfels gepflanzt. Heute ist der Lieser Kantapfel in Baumschulen nicht mehr erhältlich. Frucht Die Frucht ist groß (bis mittelgroß), kegelförmig bis hochgebaut kegelförmig, stielbauchig, im Querschnitt kantig (unregelmäßig kantig bis fünfkantig). Sie ist in der Baumreife mittelfest, gelagert weicher und deutlich druckempfindlich. Die Schale ist glatt, durch Schalenpunkte etwas uneben, mattglänzend, gelagert leicht wachsig, mitteldick, etwas zäh, beim Verzehr etwas störend. Die Grundfarbe ist gelblich grün, in der Reife grünlich gelb; die Deckfarbe orangerot bis rot, verwaschen geflammt / gestreift, in den Randbereichen punktiert, marmoriert, auf 1/2 bis 5/6 der Frucht, meist von der Stielseite ausgehend (Kelchumgebung meist eher grundfarbig). Schalenpunkte mittelgroß bis groß, berostet, grünlich oder graugrünlich umhöft, auf Deckfarbe mäßig, auf Grundfarbe deutlich auffallend. Die Stielgrube erscheint mittelweit, mitteltief (manchmal auch tiefer), vereinzelt mit Stielwulst, teils fein, teils schuppig oder rissig olivbraun, graubraun oder grünlich braun berostet, Berostung teils strahlig oder netzig auslaufend. Der Stiel sehr kurz, knopfig, teils fleischig, mitteldick oder dick, nicht aus der Stielgrube ragend. Die Kelchgrube erscheint tief, mittelweit bis eng, Seiten steil, wulstig-kantig, die Kelchumgebung mit schmalen Wülsten, die als mehr oder minder deutliche Kanten über die Frucht laufen. Der Kelch ist mittelgroß, halboffen oder geschlossen (seltener offen), seine Blättchen im Ansatz grün, mit relativ kurzen schmalen Spitzchen. Die Kelchhöhle ist klein bis mittelgroß, dreieckig, das Kernhaus klein bis sehr klein (Erkennungsmerkmal der Sorte!), mit oft weit offener Achse (Samenfächer untereinander verbunden), Core-Line mittelweit ums Kernhaus. Die Kernhauswände sind meist ohrenförmig, variabel auch rucksack- oder sichelförmig, glänzend, nur vereinzelt gerissen; die Ränder der Samenfächer oft verpilzt. Kerne klein, variabel, oval, unten gerundet oder gespitzt, ca. 6,5 bis 7,5 mm lang, 4 bis 4,5 mm breit; öfters taube Kerne. Das Fruchtfleisch ist baumreif grünlich-gelblich weiß, nach Lagerung gelblich weiß, mittelfeinzellig, mittelfest (nach längerer Lagerung etwas schaumig), saftig, süßsäuerlich, leicht aromatisch, angenehm. Baum Der Baum des Lieser Kantapfels wächst in der Jugend stark, mit schräg winkelnden Leitästen, die gut verzweigen und sich gut als sog. Pyramidenkrone erziehen lassen. Die Sorte bildet große, pyramidale Kronen mit außen abhängendem Fruchtholz. Der Lieser Kantapfel ist außergewöhnlich robust gegenüber Obstbaumkrebs, Mehltau sowie Blatt- und Fruchtschorf und bezüglich Standort und Boden daher breit anbaufähig. Er ist außerdem frosthart und daher auch für Höhenlagen geeignet. Die Bäume kommen in der Jugend mittelspät in den Ertrag, sind dann jedoch reichtragend. Die Blüte im Frühjahr zeitigt mittelfrüh. Das Laub ist mittel- bis dunkelgrün und (im Vergleich zu anderen Sorten) eher klein. Als triploide Sorte kommt der Lieser Kantapfel nicht als Befruchter für andere Apfelsorten in Betracht. Verwechsler Luxemburger Triumph, Gravensteiner, Sonnenwirtsapfel, Lohrer Rambur, Rambur Papeleu u. a. Anbaueignung Bisher nur als Lokalsorte in der Medebacher Bucht bekannt, ist der Lieser Kantapfel als starkwüchsige und extrem robuste Streuobstsorte eine Entdeckung, die unbedingt größere Bekanntheit und häufigere Pflanzung im Streuobst verdient. Die Bäume gedeihen auch an schwierigen Standorten gesund und können sehr alt werden. Mit ihrer Baumgesundheit sowie ihren ansprechenden Früchten ist die Sorte für die Pflanzung in Streuobstwiesen weit lohnender als manche bekannte Sorte mit klangvollem Namen. Basisdaten Obstart Apfel Standortansprüche Klima/Höhenlage breit anbaufähig Anbaubewertung Anbaubewertung Bisher nur als Lokalsorte in der Medebacher Bucht bekannt, ist der Lieser Kantapfel als starkwüchsige und extrem robuste Streuobstsorte eine Entdeckung, die unbedingt größere Bekanntheit und häufigere Pflanzung im Streuobst verdient. Die Bäume gedeihen auch an schwierigen Standorten gesund und können sehr alt werden. Mit ihrer Baumgesundheit sowie ihren ansprechenden Früchten ist die Sorte für die Pflanzung in Streuobstwiesen weit lohnender als manche bekannte Sorte mit klangvollem Namen. Anbaueignung allgemein robust Anbauempfehlung Streuobstwiese Verwendung der Früchte Kochen/Braten Most Ertragsverhalten Ertragsverhalten Später Ertragsbeginn, dann mittelhoch bis hoch, alternierend. Literatur Bisher keine Literaturbeschreibungen vorhanden.