Brakeler R

Verfasst von Hans-Joachim Bannier im November 2024. Soweit nicht anders angegeben, liegt das Urheberrecht für alle Sortenfotos beim Autor.
stark gefährdet
ja
Pflückreife Mitte Oktober. Haltbar sind die Früchte bis März/April.
Der Brakeler dürfte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bei Brakel im Kreis Höxter (Ostwestfalen) entstanden sein. „Brakel zeichnet sich durch eine seit 70 bis 80 Jahren mit sehr gutem Erfolge kultivierte Apfelsorte aus, die unter dem Namen 'Brakeler Apfel' nicht allein in der Umgebung bekannt geworden, sondern sich auch in größerer Entfernung und in den Katalogen der Obstgärtner Geltung verschafft“ heißt es in der Beilage des Amtsblatts der Königlichen Regierung zu Minden von 1869 in einem Artikel über „die Entwicklung der Obstbaumzucht im Regierungsbezirke Minden und die Mittel zu deren Hebung“. „Um diesen Apfel zuerst verdient gemacht“, so heißt es dort weiter, habe sich „der Gutsbesitzer Ludovici zu Brakel, welcher die Obstbaumzucht mit großem Interesse trieb und die Pfropfreiser aus dem Dringenberger Fürstlichen Burggarten (1770-1780) nach Brakel brachte. Die Vorzüge dieser Obstsorte nebst dem Anerbieten des Ludovici zur unentgeltlichen Abgabe von Pflanzreisern an die Gemeindebaumschulen wurden durch die Amtsblatt-Bekanntmachung vom 12. April 1820 zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Der verstorbene Oberpräsident von Vincke nahm bereits Kenntnis davon, brachte ihn an die Tafel Seiner Majestät Friedrich Wilhelms III, und Bäume von Brakel befinden sich jetzt noch in den Gärten von Sanssouci.“ In dem Sortenwerk „Deutschlands Obstsorten“ wird 1930 vermutet, der Brakeler sei aus der Südtiroler Apfelsorte Weißer Rosmarin entstanden, welche um 1800 von einem Herrn Eiserle im Raum Höxter verbreitet worden sein soll. Dies scheint jedoch nach den heutigen Ergebnissen genetischer Fingerprints nicht der Fall zu sein.
1902 schreibt der Nieheimer Pfarrer Wilhelm Wilms in der Zeitschrift „Praktischer Ratgeber für den Obst- und Gartenbau“, der Brakeler sei „in den Kreisen Höxter und Warburg weit verbreitet“, man könne ihn hier „an allen Provinzial- und Kreisstraßen antreffen, und es giebt hierzulande kaum einen Obst- und Hausgarten, in dem man ihm nicht begegnete“ (S. 464-465). In den 1920er Jahren ist der Brakeler auch in einer Sortenliste des Obst- und Gemüsebauverbands für Westfalen und Lippe für den Erwerbsobstbau als Lokalsorte genannt. Der 'Brakeler' dürfte gelegentlich jedoch auch in anderen Regionen Deutschlands vorkommen, denn die Sorte war 1827 auch zu finden im „Verzeichnis von Obst-Bäumen und Frucht-Sträuchern, welche in der Königlichen Landes-Baumschule zu Potsdam pro 1827/28 für festgesetzte Preise verkauft werden“. Und mindestens von 1826 bis 1845 wurde die Sorte – ausweislich der noch erhaltenen Verkaufslisten – auch vom Botanischen Garten in Münster vermehrt. Noch heute ist die Sorte jedenfalls im Kreis Höxter häufiger im Streuobst anzutreffen.
Die Frucht ist mittelgroß, bei Vollbehang kleiner, hochgebaut kegelförmig, etwas „kastenförmig“ (stiel- und kelchseitig breit abgeplattet), im Querschnitt unregelmäßig rund bis leicht kantig. Kleinere Früchte meist weniger hochgebaut. Die Frucht ist sehr fest und wenig druckanfällig. Die Schale ist glatt, mattglänzend, auch gelagert trocken bleibend, gut mitteldick, relativ hart. Die Grundfarbe der Frucht ist am Baum weißlich grün, in der Reife dann weißlich gelb, hellgelb. Deckfarbe sonnenseits schwach purpurrötlich gehaucht, erikafarben, auf 1/10 bis 1/3 der Frucht, teils auch ganz fehlend. Schalenpunkte mittelgroß oder klein, teils berostet, teils hell, in der Stielgrube teils hell umhöft, dann auffallender Nur gelegentlich auch kleinere Rostfiguren auf der Frucht. Die Stielgrube erscheint mittelweit, mitteltief oder flacher, ihre Seiten mittelsteil, fein hellbraun berostet. Stiel variabel: kurz oder mittellang, mitteldick, teils auch knopfartig, nicht oder gering aus der Stielgrube ragend. Die Kelchgrube erscheint mittelweit, mitteltief (oder flacher), ihre Seiten mittelsteil, öfters etwas faltig, von mehr oder weniger deutlichen Kanten umgeben; teils auch mit kleinen Rostfiguren. Kelch mittelgroß, meist halboffen, variabel auch geschlossen oder offen. Blättchen kurz bis mittellang. Die Kelchhöhle ist mittelgroß, dreieckig oder trichterförmig, das Kernhaus mittelgroß oder kleiner, Achse meist geschlossen, variabel auch offen. Die Gefäßbündellinie verläuft eng bis mittelweit ums Kernhaus; die Kernhauswände sind in der Form variabel, meist glänzend und ohne Risse, seltener gerissen. Kerne dunkel- bis schwarzbraun, hell auftrocknend, klein bis mittelgroß, eiförmig, unten kurz gespitzt, 8 mm : 4-5 mm. Das Fruchtfleisch ist ziemlich weiß, mittelfeinzellig, fest, genügend saftig, süßsäuerlich, leicht aromatisch, gering verbräunend.
Der Baum des Brakeler wächst in der Jugend stark, mit steil bis schränk winkelnden und auf Rückschnitt mit guter Verzweigung reagierenden Leitästen. Die Sorte bildet große, pyramidale, recht dicht verzweigte Kronen mit außen durch den Fruchtertrag abhängenden Fruchtästen. Der Brakeler ist sehr robust gegenüber Obstbaumkrebs und kann daher auch auf schweren Böden problemlos angebaut werden. Auch gegenüber Schorf ist er wenig anfällig, gegenüber Mehltau dagegen deutlicher anfällig. Die Erträge beginnen relativ früh und sind dann hoch und regelmäßig, wenig alternierend. Die Bäume können sehr alt werden. Die Blüte im Frühjahr zeitigt spät; als diploide Sorte ist der Brakeler ein guter Befruchter für andere, ebenfalls spätblühende Apfelsorten. Das Laub ist mittelgroß und glänzend dunkelgrün. Die Jahrestriebe sind dunkel(rötlich-)braun, leicht glänzend.
Je nach Ausprägung ihrer Früchte kann der Brakeler verwechselt werden u.a. mit Fromms Goldrenette, Steirischer Maschansker, Schöner aus Nordhausen, Adersleber Kalvill sowie diversen 'Goldpeppingen'.
Alles in allem ist der Brakeler eine robuste und im Anbau unkomplizierte, reichtragende Streuobstsorte mit lang lagerbaren und vielseitig verwendbaren Früchten. Aufgrund ihrer Mehltauanfälligkeit ist die Sorte eher für kühlere Standorte geeignet. Bei mangelnder Schnittpflege neigt der Brakeler zu Kleinfrüchtigkeit.

Brakeler (Foto Hans-J. Bannier)

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