Grevenbroicher Knorpelkirsche

Verfasst von Hans-Joachim Bannier im Juni 2015. Soweit nicht anders angegeben, liegt das Urheberrecht für alle Sortenfotos beim Autor.
stark gefährdet
Die Reifezeit liegt in der 6.-7. (-8.) Kirschwoche. Die Früchte reifen langsam und etwas folgernd und können über einen Zeitraum von 14 Tagen geerntet werden.
Die Grevenbroicher Knorpelkirsche ist eine Züchtung des Obstzüchters Diedrich Uhlhorn jun., Grevenbroich, in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden. Uhlhorn sandte Edelreiser seiner Züchtung 1904 auch an den Provinzial-Obstgarten Diemitz bei Halle/ Saale, wo das damalige deutsche „Nationalsortiment“ getestet wurde. Die Sorte fand dort jedoch anscheinend wenig Beachtung und so weder Eingang in die allgemeine Obstsorten-Literatur der Zeit noch in die Empfehlungslisten der deutschen Landwirtschaftskammern. Ungeachtet dessen wurde die Grevenbroicher Züchtung von mehreren Baumschulen im Westen Deutschlands in den Handel gebracht. Die Baumschulen Herr (Meckenheim) und Kern (Landau) etwa hatten die Sorte noch bis zum Zweiten Weltkrieg im Angebot; in den 1950er Jahren wurde sie noch von der Baumschule des Schlosses Dyck bei Grevenbroich vermehrt. Zu Verwechslungen soll es gekommen sein, weil eine zweite Sorte zeitweise fälschlich unter demselben Namen in den Handel gebracht worden ist. Dazu kommt, dass die rheinischen Baumschulen Herr und Fey (Meckenheim) noch eine zweite Uhlhorn’sche Kirschenzüchtung, die Uhlhorns Wunderkirsche, in ihrem Angebot hatten, eine ebenfalls rotbunte Kirsche, die allerdings schon in der 4. Kirschwoche reift.
Am Niederrhein selbst konnten bisher im Streuobst noch keine Altbäume der Grevenbroicher Knorpelkirsche wiederentdeckt werden, dafür jedoch an Standorten in Westfalen und Nordhessen, wo die Sorte aufgrund von Fruchtsteinvergleichen mit Fruchtsteinen in der historischen Sammlung im Bundessortenamt als Grevenbroicher Knorpelkirsche identifiziert werden konnte.
Die Frucht ist mittelgroß, 21 : 22 : 18 mm (Länge : Breite : Dicke)Dunkelgelb mit leuchtend roter, glänzender Deckfarbe, vollreif fast ganz rot. Fruchtform -Stumpf-herzförmig, teils hochgebaut, teils auch breiter, oben und unten abgeplattet, so dass die Frucht etwas „rechteckig“ erscheint, stempelseitig mittig manchmal etwas eingezogen. Flache, d.h. in der Seitenansicht schmale Frucht. Bauch typisch abgeflacht, Bauchnaht verläuft manchmal über die ganze Fläche in einer Furche, oft ist sie auch nur stempel-oder stielseitig eingekerbt. Fruchtfleisch -Hellgelb, sehr fest und knorpelig, aromatisch („ananas-ähnlich“), mäßig saftig. Platzfestigkeit - Gering bis mittelhoch.
Mittelgroß; 11 : 7 : 9 bis 12 : 7,5 : 9,5 mm (Länge : Breite : Dicke). Seitenansicht: Fruchtstein oval, asymmetrisch, stielseitig mit „Häkchen“, Stielseite zum Rücken hin abfallend („hängende Schulter“). Vorderansicht: Fruchtstein ausgeprägt mittelbauchig, Bauchwulst mittelbreit, auch schmaler, äußere Seitenkanten schwach oval, Mittelkamm oft hervortretend.
Der Baum der Grevenbroicher Knorpelkirsche wächst stark und bildet eine kugelige oder pyramidale, mitteldicht verzweigte Krone. Die Seitenäste verzweigen schräg aufrecht, das Seitenholz im äußeren Kronenbereich zum Teil hängend. Die Baumgesundheit der Sorte lässt sich aufgrund des hohen Alters der noch existierenden Bäume nicht sicher beurteilen. Die Bäume scheinen etwas anfällig für Monilia zu sein. Die Belaubung ist locker, mittelgrün und mäßig gesund. Die Blüte zeitigt im Frühjahr mittelfrüh, der (schwach rötliche) Blattaustrieb erfolgt meist erst nach der Blüte.
Verwechsler - Große Prinzessin (in der 5. KW reifend)
Die Sorte gehört zu den spätest reifenden der hellen, „rotbunten“ Süßkirschsorten. Für den Erwerbsobstbau sind helle Kirschen heute kaum noch gefragt. Mit ihren festen, fast harten und lang haltbaren Früchten ist die Grevenbroicher Knorpelkirsche jedoch nicht nur züchterisch interessant, sondern ermöglicht dem Selbstversorger und Kirschliebhaber eine Verlängerung der Kirschenzeit.

Foto: Annette Braun-Lüllemann

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