Tulpenapfel R

Verfasst von Hans-Joachim Bannier im September 2015. Soweit nicht anders angegeben, liegt das Urheberrecht für alle Sortenfotos beim Autor.
stark gefährdet
ja
Die Pflückreife ist etwa Anfang bis Mitte Oktober. Die Früchte halten auf dem Lager bis etwa Dezember/Januar.
So geläufig vielen Baumbesitzern auch noch der Name der Sorte ist, so wenig ist über die Herkunft dieser Sorte bekannt. In einer Aufstellung von Apfelsorten des „Rheinischen Anbausortiments“ von 1915 wird der Tulpenapfel für die Kreise Solingen, Lennep, Wipperfürth, Gummersbach und Waldbröl sowie Neuwied und Altenkirchen empfohlen („Rhein. Monatsschrift für Obst-, Gemüse- und Gartenbau“ 1915, Heft 9). Alfred Bartl, Kreisobstbauinspektor im Kreis Solingen, zählt noch in den 1950er Jahren unter den häufigsten Hochstamm-Sorten des Bergischen Landes den Tulpenapfel auf – mit dem Vermerk „sehr spät blühend“ (BARTL, „Der Obstbau des RheinWupper-Kreises und in Leverkusen“, 1955, S. 29). Auch im Obstsorten-Verzeichnis von 1949 der Landwirtschaftskammer Rheinland-Hessen-Nassau in Koblenz ist der Tulpenapfel noch unter den lokalen Zusatzsorten für den Kreis Altenkirchen (Westerwald) genannt. Angesichts seiner relativ großen Verbreitung im Rheinland erstaunt es, dass der hier beschriebene Tulpenapfel allem Anschein nach in der Obstsorten-Literatur der letzten beiden Jahrhunderte nie beschrieben worden ist. Zwar gab es in der pomologischen Literatur des 19. Jahrhunderts auch einen „Tulpenapfel“ (Dittrich 1839, „Monatsschrift für praktischen Obstbau” 1857), dieser ist jedoch ebenso eine andere Sorte gewesen wie auch die in der Literatur einst beschriebenen Sorten „Tulpenkalvill“ (Dittrich 1839, Lauche 1883) oder „Tulpencardinal“ (Dittrich 1839, Langethal 1858). In neuerer Zeit war der Tulpenapfel in Streuobst-Empfehlungslisten der Landwirtschaftskammer Bonn mit dem Namenszusatz „Syn. Apfel aus Halder, Freiherr von Trauttenberg“ zu finden. Auch im Angebot des Reisermuttergartens Bonn der Obst-Reiser-GmbH (Wachtberg) war der Tulpenapfel lange unter der Bezeichnung „Freiherr von Trauttenberg (Tulpenapfel)“ geführt. Schon der Pomologe Carl Hesselmann, vor 1900 Mentor des Obstbaus im Bergischen Land, war der Meinung, es sei die Sorte Freiherr von Trauttenberg, die „...an einigen Stellen im Bergischen Lande Tulpenapfel genannt werde” (Pomologische Monatshefte 1901, S. 54). Diese Namens-Zuschreibungen sind pomologisch unzutreffend: Sowohl von dem aus den Niederlanden stammenden Apfel aus Halder als auch von dem aus Ungarn stammenden Freiherr von Trauttenberg unterscheidet sich der hiesige Tulpenapfel eindeutig durch die extrem späte Blüte des Baumes (sowie auch durch sein auffallend kleines, stielnahes Kernhaus).
Unter dem Namen Tulpenapfel ist die hier beschriebene Apfelsorte im rechtsrheinischen Teil des Rheinlandes heute noch recht verbreitet, vom Westerwald über den Rhein-Sieg-Kreis bis hinauf ins Bergische Land (Rheinisch-Bergischer Kreis, Oberbergischer Kreis). In Baumschulen ist der rheinische Tulpenapfel heute kaum noch erhältlich. Kleine Stückzahlen vermehrt der Rheinisch-Bergische Naturschutz-Verein (Overath).
Frucht mittelgroß bis groß, typisch spitz-kegelförmig, zum Kelch konisch verjüngt; im Querschnitt erscheint die Frucht häufiger auffallend typisch dreieckig, manchmal auch fünfkantig. Grundfarbe bei Pflückreife grünlich gelb, bei Genussreife kräftig gelb. Deckfarbe bei gut besonnten Früchten sonnenseitig orangerötlich gehaucht, auf max. einem Drittel der Frucht, öfters ganz fehlend. Stiel kurz oder sehr kurz, z.T. nur knopfartig, nicht aus der Stielgrube herausragend, mitteldick oder dünn. Kelchhöhle kurz, dreieckig oder trichter-bzw. becherförmig. Staubfäden mittelhoch (oder knapp darunter) verwachsen. Kernhaus typisch klein, typisch stielnah. Achsenhöhle etwas geöffnet. Kernhauswände ohrenförmig, glatt, gelbfarben, nicht gerissen (oder nur einzelne feine Risse); Kerne mittelgroß, rundlich, kurz gespitzt, ca. 7,5 – 8 mm : 5 mm, mittelbraun. Gelblich weiß, mittelfein- bis grobzellig, fest, mäßig saftig, schwach verbräunend, gering aromatisch.
Auffallendes Kennzeichen des Tulpenapfel ist vor allem die extrem späte Blüte des Baumes im Frühjahr (noch nach Rheinischem Winterrambur, Luxemburger Triumph oder Rotem Bellefleur), Der Baum wächst mittelstark bis stark und bildet mittelgroße bis große, pyramidale Kronen mit aufrecht wachsenden Seitenästen, die unter Fruchtbehang außen abkippen. Das Laub ist von mittlerer Größe.
Weißer Winterglockenapfel, Lütticher Ananaskalvill, Apfel aus Halder, Freiherr von Trauttenberg
Krebsfest. Aus diesen Gründen kann die Sorte auch noch bei schwierigen Standortverhältnissen (auf schweren oder staunassen Böden bzw. in spätfrostgefährdeten Lagen) gepflanzt werden, wo andere Sorten versagen. Darin dürfte wohl der besondere Wert dieser einst verbreiteten Sorte liegen. Allerdings ist der Tulpenapfel etwas anfällig für Schorf, weshalb eingeschlossene, schlecht durchlüftete Standorte gemieden werden sollten. Beim Tulpenapfel handelt es sich um eine typische Streuobstsorte mit spezieller Eignung für spätfrostgefährdete Lagen, deren Früchte in erster Linie als Wirtschaftsapfel genutzt werden. Für eine Anpflanzung im Haus- oder Kleingarten entspricht die Fruchtqualität zumeist nicht ganz den heutigen Erwartungen an einen Tafelapfel.

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